Bühnenreif
Aus dem Vorspiel
Aus dem ersten Akt, erste Szene
Zunge und drüber hin huscht, wie ein Gedanke, der Glasläufer mit dem feinen
Strich, der die endgültige Entscheidung fällt. ...
Herr Krause: Sie stammen aus guter Familie?
Der Rechenschieber Nr. 14: Aus sehr alter sogar, wir können unsern Stammbaum bis ins Jahr 1620 zurückverfolgen. Kurz vorher erst ist das Auftreten der Logarithmen urkundlich belegt. Der englische Pfarrer Gunter hielt meinen Ahnherr über die Taufe, aus Dankbarkeit führten wir lange den Beinamen Gunterstab oder Gunterskala. Das Ahnenbild ist noch erhalten: Ein Brett, das etwa 60 cm lang war, auf ihm 6 logarithmische Skalen; zum Abgreifen wurde ein Zirkel gebraucht, bisweilen auch zwei. Schrecklich! Ein wahrer Wohltäter unserer Familie war Oughtred, der uns durch eine bewegliche Skala von den ewigen Belästigungen des Zirkels befreite. Dann ...
Herr Krause: Genug. Ich möchte Sie selbst kennenlernen.
Der Rechenschieber Nr.
14: Mein Stab trägt zwei Skalen, die obere will ich O1, die untere
U1 nennen. Zwei völlig mit ihnen übereinstimmende Teilungen O2
und U2 stehen auf der Zunge. Auf der Rückseite sind die Skalen S und
T angebracht, dazwischen noch eine, die L heißen soll. ...
Aus dem dritten Akt, erste Szene
Aus dem fünften Akt, dritte Szene
Bewertung
Auch wenn wir den Verfasser dieser Rechenschieberkommödie nicht kennen, so kennen wir doch den Herausgeber, die Albert Nestler AG in Lahr.
Datiert ist die Broschüre leider nicht. Die beiden Hauptdarsteller, die Rechenstäbe Nr. 14 und Nr. 23 wurden 1907 geboren. Der vom Berliner Munkepunke erwähnte Einstein wurde 1905 durch seine Relativitätstheorie bekannt. In einer Rechenaufgabe werden Reichsmark genannt, eine Währung,
die 1924 bis 1948 in Gebrauch war. Als Paritäten findet man 1 Fr. = 0,81 RM, 1 $ = 4,20 RM. Der auf dem Deckel der Broschüre abgebildete Rechenstab Nr.14 ist aus Holz, mit Zelluloidauflage und den typischen Nestlerschräubchen sowie einem Einstrich-Metallrahmenläufer. Das Titelblatt weist graphische Merkmale der 1930er-Jahre auf. - Soweit die Anhaltspunkte, die einer Datierung der Broschüre dienen könnten.
Ob die humorvoll geschriebene Anleitung erfolgreich war? Ich bezweifle es. Der angesprochene Kundenkreis war doch eher streng auf mathematisches Denken ausgerichtet und nicht an dorftheatermässig auf lustig getrimmten Informationen interessiert. Auf jeden Fall dürften die Auflage und damit die Verbreitung nicht allzugross gewesen sein, bin ich doch erst nach jahrelanger
Sammeltätigkeit
auf diese ungewönliche Anleitung gestossen. Auch von anderen Sammlern
habe ich nie einen Hinweis auf den Rechenstab-Fünfakter erhalten.
Ob er wohl einmal zur Aufführung gelangen wird?