Neuerscheinung

 

Das schnellrechnende Schiebelineal

Da hat Felix Donat Kyd, ein bescheidener Bürger des Dorfes Brunnen am Vierwaldstättersee, im Jahre 1830 eher durch Zufall in Zürich einen englischen »Slidingroule« zu sehen bekommen. Obwohl ohne Kenntnis des mathematischen Hintergrunds, der Logarithmen, hat Kyd sich das Ziel gesetzt, solche Rechenstäbe zu bauen. Zu seinem Glück hatte er in Zürich einen Freund und Mentor, den Hofrat Johann Caspar Horner. In einem regen Briefwechsel zwischen den beiden, der von 1831 bis 1834 dauerte, hat Kyd jeweils seine Probleme und Misserfolge beim Bau von Rechenstäben geschildert, während Horner versuchte, ihm die mathematischen Grundlagen, nämlich die Kenntnis der Logarithmen, zu vermitteln und ihm technische Hilfestellungen zu leisten. So ist denn auch eine Teilmaschine von Zürich nach Brunnen gereist, auf dass Kyd sie nachbauen könne.

Letzten Endes ist es Kyd gelungen, brauchbare Rechenstäbe herzustellen; es scheint jedoch, dass keiner von ihnen erhalten geblieben ist, wohl aber die Anleitungen, die Kyd zu seinem Rechenstab publiziert hat. Elisabeth Schoeck-Grüebler, Feldmeilen, hat die Geschichte der Beziehungen zwischen Kyd und Horner und damit der Entstehung des wohl frühesten schweizerischen Rechenschiebers, bereits 1998 am 4. Internationalen Treffen der Rechenschiebersammler in Huttwil/Schweiz präsentiert. Bei derselben Gelegenheit hat Dr. Günter Kugel, Moers, anhand von dessen Anleitung den Kydschen Rechenstab rekonstruiert. Er erlaubte Währungsumrechnungen, welche wegen der damaligen kleinräumigen Währungshoheiten der schweizerischen Kantone und der nichtdezimalen Währungen offenbar ein wesentliches rechnerisches Problem für die Bevölkerung war.

Aus Anlass einer Ausstellung über Kyd hat Elisabeth Schoeck nun den ganzen Briefwechsel zwischen Kyd und Horner veröffentlicht. Das Buch ist eine hervorragende Illustration der damaligen Lebensverhältnisse im Dorf Brunnen und in der Stadt Zürich, wie auch einer Freundschaft zwischen zwei Männern, die inbezug auf Herkunft, Stand und Bildung unterschiedlicher nicht hätten sein können. Der Briefwechsel ist gleichzeitig ein Muster für learning by doing eines angehenden Rechenschieberherstellers, der ohne Kenntnis der Logarithmen sich an die Lösung des Problems herantasten musste.

Heinz Joss

 

Elisabeth Schoeck-Grüebler, Der freundeidgenössische Rechenschieber, Der Briefwechsel zwischen Felix Donat Kyd aus Brunnen und Hofrat Johann Caspar Horner aus Zürich, 1831 - 1834, Eigenverlag Schoeck, CH-6440 Brunnen, Schweiz, 2004, ISBN 3-9522919-0-0, 130 S., broschiert.

Bestellung mit Adressangabe unter Beilage von EUR 20,00 (Buchpreis einschliesslich Porto) in einem nicht durchscheinenden Brief an Elisabeth Schoeck, Ländischstrasse 74, CH-8706 Feldmeilen, Schweiz.